Das Gewaltpräventionsprojekt richtete sich an Frauen mit körperlicher und/oder geistiger Einschränkung, bot ihnen Schutz vor vielfältigen Formen von Gewalt und stärkt sie in ihrer Selbstbestimmung. Dieses dreijährige Projekt wurde von der Aktion Mensch gefördert.
Projektseite beim Online-Spendenportal betterplace.org.
Faltblatt zum Projekt (PDF 330 kb)
Im Rahmen des Projekts wurde ein Fotoheft in leichter Sprache erstellt. Hier wird gezeigt was in den Kursen passiert und wie viel Spaß die Frauen dabei haben. Das Fotoheft ist kostenlos im BellZett erhältlich.
Kursausschreibung in allgemeiner Sprache
Die Diskriminierung von Frauen mit Einschränkungen hat viele Gesichter: Angefangen bei unerwünschter Hilfe, Bevormundung und Entmündigung bis hin zu tätlichen Angriffen, verbaler Anmache und (sexualisierter) Gewalt. Die eigenen Erfahrungen und Fragen der Teilnehmerinnen stehen in den Kursen im Vordergrund. Gearbeitet wird an Körpersprache, Stimme, Wahrnehmung, Kraft und Durchsetzung, mit Hilfe von Rollenspielen werden Handlungskompetenzen erweitert. Jede Teilnehmerin knüpft an ihre Fähigkeiten und Ressourcen an und findet damit individuelle Lösungsansätze für grenzverletzende Situationen.
In einer geschützten Atmosphäre wird das Wissen um die eigenen Stärken trainiert. Praktisches Üben zielt darauf, das eigene Verhaltensrepertoire zu erweitern, sich abzugrenzen oder Hilfe zu suchen. So können die Teilnehmerinnen ihren Lebensalltag selbstsicherer gestalten. Alle Teilnehmerinnen entscheiden für sich, welche Übungen sie mitmachen möchten und welche vielleicht nicht.
Kursausschreibung in leichter Sprache
Frauen haben das Recht sich zu wehren. Wir üben im Kurs »Nein« sagen in Rollen-Spielen. Wir lernen auch uns mit unserem Körper zu wehren, wenn uns jemand angreift. Alle Frauen entscheiden selbst, was sie mitmachen wollen. Was kann ich tun, wenn mir jemand zu nahe kommt? Oder mir jemand Angst macht? Oder mich jemand beleidigt?
Auf diese Fragen versuchen wir Antworten zu finden.
Ansprechpartnerin im BellZett: Tina Blumberg
Starke Frauen bei wertkreis Gütersloh
aus: freiZEITung Ausgabe 03/2015, mit freundlicher Genehmigung der wertkreis Gütersloh gGmbH.
Ergebnisse in Kürze
In der Projektphase haben wir deutlich mehr Frauen erreicht als geplant. Von Juli 2013 bis August 2016 haben insgesamt 378 Frauen mit verschiedenen Einschränkungen an 41 Starke Frauen-Kursen teilgenommen.
Rund zwei Drittel der Teilnehmerinnen hatten geistige Einschränkungen. Die anderen Teilnehmerinnen hatten psychische Einschränkungen sowie Körper – und Sinneseinschränkungen. Ihr Alter variierte zwischen 18 und 72 Jahren. ›Starke Frauen‹ Kurse gehen auch nach Abschluss der Projektphase weiter.
Aktuelle Untersuchungsergebnisse werden bestätigt
In den letzten zwei Jahren hatten unsere Trainerinnen viele berührende Begegnungen mit den Teilnehmerinnen. Es ist immer wieder wunderbar zu sehen, wie die Teilnehmerinnen an Selbstvertrauen gewinnen, sich öffnen und lernen ihre Meinung selbstbewusst zu vertreten. Es ist aber auch erschreckend, dass nahezu jede von Gewalterfahrungen berichtet.
Die in den jüngsten Studien des Bundesministeriums Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) sowie der neuesten Untersuchung der Europäischen Union beschriebenen Gewalt-Verhältnisse bestätigen sich hier prägnant.* Beide Studien unterstreichen die besondere Verletzbarkeit und Gefährdung von Frauen und Mädchen mit Behinderung sowie die damit verbundenen destruktiven Folgen für das Selbstverständnis der Frauen und die daraus resultierenden Risiken für ihren Lebenslauf. Frauen mit Behinderung sind unzureichend vor körperlicher, sexueller und psychischer Gewalt geschützt und darüber hinaus vielfältigen Formen von Diskriminierung und struktureller Gewalt ausgesetzt.
Gewaltprävention und Persönlichkeitsstärkung sind wichtig
Dies zeigt deutlich, wie wichtig es ist in diesem Bereich Veränderungen anzustoßen und wie wichtig unsere gewaltpräventiven und persönlichkeitsstärkenden Kurse für Frauen mit Einschränkungen sind. In den Starke Frauen-Kursen lernen die Frauen wie sie im Rahmen ihrer individuellen Fähigkeiten und Stärken ihre ganz eigene Ausdrucksweise finden, um Grenzverletzungen deutlich zu machen, sich zu wehren und / oder sich rechtzeitig Hilfe zu holen. Sie werden unterstützt und gestärkt ihren eigenen Weg in die Welt zugehen.
Sensibilisierung und Fortbildung stärken die Nachhaltigkeit
Auch auf struktureller Ebene waren wir erfolgreich und haben vieles bewegt. Wir haben neue KooperationspartnerInnen gewonnen und bestehende Kooperationen vertieft. Die stärkere und bessere Vernetzung hat zu einer größeren Sensibilisierung für das Thema bei den MitarbeiterInnen der Behindertenhilfe und in der Öffentlichkeit beigetragen. Deshalb konnten wir nicht nur neue KooperationspartnerInnen in Bielefeld, sondern in der gesamten Region Ostwestfalen-Lippe gewinnen. Viele der Kurse fanden direkt vor Ort in den Räumen der Werkstätten bzw. Wohngruppen statt. Dies war sehr hilfreich, um das Kursangebot niederschwellig zu machen. So fühlten sich die Teilnehmerinnen sicher genug, um Neues auszuprobieren und ihre Stärke und ihre Grenzen zu testen.
Eine wirksame Gewaltprävention schließt immer das Umfeld mit ein. Deshalb ist es sehr erfreulich, dass wir über den Projektrahmen hinaus Informationsveranstaltungen und Fortbildungen für insgesamt 106 Mitarbeiterinnen der Behindertenhilfe durchführen konnten. Gut informierte, in Gewaltprävention geschulte MitarbeiterInnen, können die Frauen in ihrem alltäglichen Lebensumfeld unterstützten und dauerhaft stärken. Sie tragen damit zu einer wirkungsvollen Nachhaltigkeit der Kurse bei. Des Weiteren ermöglichen die daraus entstehenden Kontakte unseren Trainerinnen auch ein besseres Feedback über die Wirksamkeit der Kurse.
Wir danken allen UnterstützerInnen
Das dreijährige Projekt ›Starke Frauen‹ wurde zu 80% von Aktion Mensch gefördert. Die Restfinanzierung von 22.000 Euro konnte der Verein BellZett e.V. mit Unterstützung der Andreas Gärtner Stiftung, der Andreas Mohn Stiftung, der Sparkasse Bielefeld, der Volksbank Bielefeld-Gütersloh eG , der Lions-Club Bielefeld-Sennestadt sowie weiteren Einzel-Spenderinnen und -Spendern realisieren. Des Weiteren fanden, im Rahmen des dreißigjährigen Jubiläums des BellZett e.V. mehrere Benefizveranstaltungen zugunsten des Projektes statt: ein Gospel-Konzert der Stairway Singers, eine Geh-Hör-Tour und unser Jubiläums-Frauenfest.
Weiterhin Unterstützung nötig!
›Starke Frauen‹ ist ein Erfolg. Das bestätigen die positiven Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und die vielen Nachfragen nach Kursen, die wir über das Projektende hinaus haben.
*Quellen: Studie zur Lebenssituation und Belastungen von Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in Deutschland (BMSFJ) und Studie über die Situation von Frauen mit Behinderungen aus Anlass der UN-Behindertenrechtskonvention